BAG zu Datenschutz und Recht am eigenen Bild im Arbeitsverhältnis

BAG zu Datenschutz und Recht am eigenen Bild im Arbeitsverhältnis

BAG zu Datenschutz und Recht am eigenen Bild im Arbeitsverhältnis

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Mitarbeiterfotos: Inzwischen ist es gängige Praxis, das Unternehmen auf ihrer Webseite Videos oder Fotos einstellen, die ihre Mitarbeiter zeigen.

Einerseits können dies Aufnahmen sein, bei denen Mitarbeiter wie x-beliebige Models agieren. Andererseits können aber auch Mitarbeiter mit Namen und Funktion vorgestellt werden, beispielsweise als Ansprechpartner für Presseanfragen, Vertrieb, Marketing. Hier stellt sich die Frage, unter welchen rechtlichen Voraussetzungen die Verwendung derartiger Aufnahmen zulässig ist. Denn wenn die Aufnahmen unzulässig hergestellt wurde, kann schon ein einzelner Mitarbeiter die teils nicht unerheblichen Investitionen für den Werbefilm, die Broschüre etc. zunichte machen

Das Recht am eigenen Bild und das Datenschutzrecht bei Mitarbeiterfotos

Rechtlich ist es dabei unerheblich, ob es sich um Fotografien oder Videoaufnahmen handelt. Aufnahmen einer Person, auf denen diese Person als solche zu erkennen ist, werden als „Bildnisse“ bezeichnet. Für diese gilt das Recht am eigenen Bild, welches in dem von 1907 stammenden Kunsturhebergesetzes (KUG) geregelt ist. Daneben regelte das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG alte Fassung) wie mit Informationen über natürliche Personen umgegangen werden darf (siehe ab 25.05.2018 DSGVO-Serie). Wie eine Person aussieht, welcher Rasse sie hat, welcher Haar oder Augenfarbe sind personenbezogene Daten, welche unter das Bundesdatenschutzgesetz fallen. Veröffentlichungen von Bildnissen nach dem Kunsturhebergesetzes bedürfen grundsätzlich der vorherigen Zustimmung (= Einwilligung, § 4a BDSG alte Fassung, Art. 7 DSGVO) der abgebildeten Person. An die Form der Einwilligung stellt das KUG keine besonderen Anforderungen, so jedenfalls die bislang geltende Rechtsauffassung. Daher sind auch mündliche Einwilligungen oder konkludente Einwilligungen (durch schlüssiges Verhalten, z.B. offensichtliches Posieren für die Kamera) wirksame Einwilligen – das praktische Problem ist „nur“ die Beweisbarkeit, weshalb aus rechtlicher Sicht immer zu einer schriftlichen Einwilligung zu raten ist. Das BDSG hingegen fordert grundsätzlich die Schriftform für eine wirksame Einwilligung sowie einer verständliche Informationen worin eingewilligt wird und die Freiwilligkeit dieser Einwilligung. Gerade im Arbeitsverhältnis wird an der Freiwilligkeit der Einwilligung jedoch aufgrund des bestehenden wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnisses und der Weisungsabhängigkeit der Arbeitnehmer von den Datenschutzaufsichtsbehörden grundsätzlich gezweifelt mit der Folge, dass regelmäßig keine wirksamen Einwilligung erteilt werden konnten.

Die Grundsatzentscheidung zu Mitarbeiterfotos und Videos

In einem kürzlich veröffentlichten Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 11. Dezember 2014 zum Aktenzeichen 8 AZR 1010/13 wurde zu diesem Thema eine über das Arbeitsverhältnis und die konkrete Einwilligung in Videoaufnahmen hinausgehende Grundsatzentscheidung getroffen.

Der Sachverhalt – Schmerzensgeld für Mitarbeiterfoto?

Ausgangsfall war ein Videoclip, den ein Unternehmen mit Mitarbeitern als Models hat drehen und zu Werbezwecken auf seiner Webseite stellen lassen. Die Mitarbeiter haben hierzu eine auf einer Namensliste unterschreiben, der einen Einwilligungstext mit konkreter Angabe des Verwendungszweckes der Aufnahmen vorangestellt war. In dem Videoclip war der Mitarbeiter in zwei Sequenzen zu sehen. In einer Sequenz wurde er kurz am Steuer eines Fahrzeuges gezeigt, wobei streitig war, inwieweit der Mitarbeiter als solches zu erkennen war. In einer zweiten Sequenz war der Mitarbeiter für mehrere Sekunden zusammen mit ca. 30 anderen Mitarbeitern auf eine Gruppenaufnahme zu sehen.

Drei Jahre nach den Aufnahmen und mehrere Monate nach seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen stellte sich der Mitarbeiter auf den Standpunkt, dass er keine wirksame Einwilligung zur Veröffentlichung der Videoaufnahmen gegeben hat. Vorsorglich widerrief er seine Einwilligung mit anwaltlichen Schreiben und forderte ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens drei brutto Monatsgehältern.

Das Bundesarbeitsgericht hatte nun über die Frage zu entscheiden,

  1. ob und in welcher Form eine Einwilligung zu erteilen ist,
  2. ob die Aufnahmen auch ohne Einwilligung hätten verwendet werden dürfen und
  3. ob der Widerruf der Einwilligung nach dem Ausscheiden wirksam war.

Das Urteil zu Mitarbeiterfotos und Videos

Anders als datenschutzrechtliche Kommentatoren und die Datenschutzaufsichtsbehörden hat sich das BAG auf den Standpunkt gestellt, dass auch im Arbeitsverhältnis eine Einwilligung von Mitarbeitern wirksam erteilt werden kann und für die Verwendung von Abbildungen der Mitarbeiter sogar in schriftlicher Form erforderlich ist.

Weiter hat das BAG sehr differenziert die Interessen der Mitarbeiter bzw. ausgeschiedenen Mitarbeiter und des Unternehmens gegeneinander in verschiedenen Fallkonstellationen abgewogen.

a) Sofern der Mitarbeiter zum Beispiel mit Namen und Funktion neben seinem Foto auf der Webseite des Unternehmens dargestellt wird, kann er ein begründetes Interesse daran haben, dass er bei Ausscheiden aus dem Unternehmen nicht mehr in dieser Form dargestellt wird. Ihm kann also ein Widerrufsrecht zustehen.

b) Sofern der ausgeschiedene Mitarbeiter jedoch lediglich wie ein x-beliebiges Model in den Aufnahmen zu sehen ist, es jedoch nicht speziell auf ihn ankommt und er weder namentlich noch mit Funktion dargestellt wird, kann die Einwilligung auch unwiderruflich über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus erteilt werden.

Somit kam das BAG im konkreten Fall zum Ergebnis, dass

  1. eine Einwilligung erforderlich war,
  2. die Einwilligung schriftlich zu erteilen war und auch erteilt wurde,
  3. die Einwilligung auf Basis konkreter Informationen erfolgte und auch im Arbeitsverhältnis freiwillig war,
  4. die Einwilligung nicht wirksam widerrufen werden konnte und
  5. somit kein Schmerzensgeldanspruch des ausgeschiedenen Mitarbeiters besteht.

Verhältnis Recht am eigenen Bild und Datenschutzrecht

Das Bundesarbeitsgericht hat sich zu der Frage des Verhältnisses zwischen dem Kunsturhebergesetzes (KUG) aus dem Jahr 1907 und dem Bundesdatenschutzgesetz dahingehend geäußert, dass das Kunsturhebergesetzes die speziellere Regelung ist und sich die Frage, welche Erfordernisse an eine Einwilligung zu stellen sind, aus dem Kunsturhebergesetzes ergeben. Anders als jedoch im Kunsturhebergesetzes, welches an einer Einwilligung zur Veröffentlichung von Bildnissen keine besonderen Formerfordernisse erstellt, sieht das Bundesdatenschutzgesetz grundsätzlich eine schriftliche Einwilligung vor. Obwohl das BAG das BDSG nicht für anwendbar hält, fordert es für das Beschäftigungsverhältnis gleichwohl eine schriftliche Einwilligung. Offen lässt es die Frage, ob hiermit die gesetzliche Schriftform, also ein handschriftlich unterschriebenes Papierdokument gemeint ist, oder ob auch eine elektronische Einwilligung durch Anklicken eines Formulares im internen Mailsystem oder auf einer Intranet-Seite genügen würde.

Der Auffassung des BAG, dass das BDSG (alte Fassung) auf Einwilligungen in das Recht am eigenen Bild grundsätzlich nicht anwendbar ist, kann jedenfalls nicht in vollem Umfange überzeugen. Zumindest dann, wenn neben dem Foto auch noch der Name und oder die Funktion im Unternehmen angegeben sind, kommen weitere personenbezogene Daten neben dem Bild zum Zuge, deren Veröffentlichung sich nach dem BDSG (alte Fassung, jetzt Art. 6 DSGVO) richtet.

Da das BAG zu dem Ergebnis kam, dass eine wirksame Einwilligung in die Veröffentlichung der Filmaufnahmen vorlag, hat es folglich den geltend gemachten Schmerzensgeldanspruch insgesamt abgewiesen.

Praxistipp zur Nutzung von Mitarbeiterfotos und Videos

Unternehmen, die einen Fotografen oder ein Filmteam beauftragen, Aufnahmen von ihren Mitarbeitern zu erstellen, sollten sich eine schriftliche Einwilligung in die Verwendung dieser Aufnahmen von ihren Mitarbeitern geben lassen. Hierbei sollte auch die Frage einer etwaigen Vergütung sowie einer weiteren Verwendung nach dem Ausscheiden des abgebildeten Mitarbeiters aus dem Unternehmen geregelt werden. Hierbei gilt die Faustregel, dass namentliche und funktionsbezogene Verwendung von Bildaufnahmen nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses nicht weiter verwendet werden sollten und solche, die Mitarbeiter lediglich als nicht näher identifizierte x-beliebige Beschäftigte des Unternehmens symbolhaft zeigen auch noch über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus verwendet werden können.

Grundsätzliche Bedeutung der Entscheidung für Datenschutzfragen im Beschäftigungsverhältnis

Die Entscheidung geht deutlich über das Bildnisrecht hinaus und hat grundsätzliche Bedeutung für die praktisch häufig relevante Frage nach der Rechtfertigung für die Verarbeitung von Beschäftigtendaten. In Rn 32 der Entscheidung stellt das BAG entgegen der wohl überwiegenden Auffassung der Datenschutzaufsichtsbehörden und der ihr folgenden Kommentarstimmen klar, dass Mitarbeiter grundsätzlich auch im Arbeitsverhältnis frei über ihr „Datenschutzgrundrecht“ entscheiden können. Die praktische Hürde ist jedoch, dass die Einwilligung grundsätzlich schriftlich zu erfolgen hat und eine konkrete, einzelfallbezogene und verständliche Information darüber, worin eingewilligt werden soll, voraussetzt. Schließlich darf natürlich kein Druck auf die Mitarbeiter ausgeübt werden, da dies ein Pflichtverstoß des Arbeitgebers wäre, der sogar zu Schadensersatzanprüchen führen kann. Das Abhängigkeitsverhältnis des Arbeitnehmers und das Weisungsrecht des Arbeitgebers schließen – und auch das ist in dieser Deutlichkeit von einem Gericht neu – die Möglichkeit einer datenschutzrechtlich wirksamen Einwilligung nicht aus.

Praktisch ebenfalls sehr wichtig ist die Ablehnung einer gänzlichen freien Widerruflichkeit einer einmal erteilten Einwilligung, sogar über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus. Will der Mitarbeiter / Ex-Mitarbeiter eine Einwilligung widerrufen, so hat er hierfür einen Grund anzugeben (anders als sonst im Datenschutzrecht, was aber eine entsprechend deutlich gestalteten unwiderruflichen Einwilligung im Vorfeld bedarf) und der Grund ist mit dem Interesse des Arbeitgebers an dem Fortbestand der Einwilligung abzuwägen (im konkreten Fall: Interesse des Arbeitgebers, das mit vermutlich hohem Kostenaufwand erstellten Werbevideo weiter einsetzen zu können).

Autor: Rechtsanwalt David Seiler, Cottbus, den 11.05.2015

Veröffentlicht in PHOTO Presse PP 11-2015, S. 20

ein abgewandelter Artikel zum gleichen Thema ist erschienen unter dem Titel: Bildnisrecht und Beschäftigtendatenschutz – zugleich Anmerkung zu BAG, Urteil vom 11.12.2014 – 8 AZR 1010/13, jurisPR-BKR 6/2015, Anm. 1 (Juris Praxis-Report Bank- und Kapitalmarktrecht)

Update 30.03.2020: LDA Bremen stellt im Tätigkeitsbericht für 2019 (Ziff. 11.8) unter Bezug auf § 26 BDSG hohe Anforderungen an die freiwillige und informierte schriftliche Einwilligung von Beschäftigten in die werbliche Verwendung von Fotos von ihnen durch ihren Arbeitgeber. Die Landesdatenschutzaufsicht Rheinlandpfalz stellt neben grundlegenden Informationen zum Thema Datenschutz und Fotografie auch Muster für Einwilligungen und die Erfüllung der Informationspflichten bereicht.

RA David Seiler berät u.a. zu Fragen des Datenschutzrechts und des Fotorechts.