Hochzeitsfotografie unter der DSGVO

Hochzeitsfotografie unter der DSGVO

Hochzeitsfotografie unter der DSGVO

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Ist die DSGVO der Tod der Hochzeitsfotografie? Viele Hochzeitsfotografen sind aktuell verunsichert, ob sie überhaupt noch Hochzeiten fotografieren dürfen, da es Gerüchte gibt, man bräuchte seit der Geltung der EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ab dem 25.05.2018 von jeder Person, jedem Hochzeitsgast, eine vorherige – am besten schriftliche – Einwilligung, sie fotografieren zu dürfen und das sei ja nicht möglich. Die nachstehenden Ausführungen gelten sinngemäß auch für andere Arten der Event-Fotografie.

Die Haushaltsausnahme bei Hochzeitsfotografie – keine DSGVO?

Zunächst brauchen die Personen, die als Familienangehörige bei der Hochzeit fotografieren und die Bilder nicht öffentlich online stellen, sich keine Sorgen um die DSGVO zu machen: es gibt in Art. 2 Abs. 2c DSGVO eine sogenannte Haushaltsausnahme wonach man zu ausschließlich familiären und privaten Zwecken die DSGVO nicht beachten muss. Also auch wenn das Brautpaar selbst fotografieren würde, müsste es die DSGVO nicht beachten. Aber darauf kann sich ein vom Brautpaar beauftragter Hochzeitsfotograf nicht berufen, da er/sie ja im Rahmen der eigenen beruflichen Tätigkeit fotografiert und damit personenbezogene Daten des Brautpaares, der Hochzeitsgäste, des Pfarrers, der Musiker, des Cateringpersonals etc. erhebt.

Wenn das Brautpaar die Bilder dann den Hochzeitsgästen in einer durch Nutzername und Passwort geschützten Benutzergruppe online bereitstellt, gilt das Haushaltsprivileg. Stellt das Brautpaar aber die Bilder z.B. auf einer frei zugänglichen Webseite, z.B. Facebook-Seite online – das geschieht teils über Fotoboxen mit automatischen Upload – dann kann sich auch das Brautpaar nicht mehr auf die Haushaltsausnahme berufen und ist voll im Anwendungsbereich der DSGVO. Das bedeutet z.B. dass alle Informationspflichten nach Art. 13 DSGVO gegenüber den Personen, deren Bilder online gestellt werden sollen, erfüllt werden müssen und es einer Rechtsgrundlage für das Online-Stelle der Bilder, z.B. auf die Webseiten des US-Unternehmens Facebook bedarf. Hierzu hat der EuGH gerade entschieden, dass dann der Betreiber der Facebook-Seite zusammen mit Facebook für die Erfüllung der datenschutzrechtlichen Pflichten verantwortlich ist und alle Datenschutzinformationen erfüllen muss, EuGH, 05.06.2018 – C-210/16. Das dürfte für Privatpersonen eine wohl zu hohe Hürde sein. Denn als Rechtsgrundlage für das Online-Stellen der Fotos kommt wohl nur eine Einwilligung, Art. 7 DSGVO in Betracht. Diese setzt eine transparente Information über die Datenverarbeitungsvorgänge voraus, also auch darüber was facebook mit den Daten macht und dass die Daten ungeschützt für jedermann online stehen und in den USA verarbeitet werden, ohne dass dort ein Datenschutzniveau wie in der EU besteht.

Stellt der Fotograf die Bilder dem Brautpaar online – in einer geschlossenen Benutzergruppe – zur Verfügung und schaltet hierzu einen Online-Dienstleister ein, so muss er mit diesem einen Vertrag zur Auftragsverarbeitung nach Art. 28 DSGVO schließen. Professionelle Dienstleister sollten auf Nachfrage einen solchen AVV-Vertrag zur Verfügung stellen können. Wenn nicht, sollte sich der Fotograf einen anderen Dienstleister suchen.

Rechtsgrundlage Einwilligung und Vertragserfüllung bei Hochzeitsfotografie

Also benötigt der Fotograf / die Fotografin für seine/ihre Tätigkeit eine andere Rechtsgrundlage nach Art. 6 DSGVO. Neben der Einwilligung kommt die Datenverarbeitung zur Vertragserfüllung in Betracht. Einen Vertrag schließt der Hochzeitsfotograf aber nur mit dem Brautpaar und nicht mit den sonstigen an der Hochzeit teilnehmenden Personen. Die das Brautpaar betreffende Datenverarbeitung und die nach Art. 13 DSGVO zu erteilenden Informationen über Art, Dauer und Zweck der Datenverarbeitung und die Rechte der Betroffenen sollten möglichst schriftlich festgehalten werden, wobei die Datenschutzinformationen als Anlage zum Fotoauftrag beigefügt werden können. Die Rechtsgrundlage zum Fotografieren des Brautpaares – wie auch sonstiger Direktkunden eines Fotografien bzw. Fotostudios – ist Art. 6 Abs. 1 b) DSGVO. Dies muss dann auch so in den Datenschutzinformationen angegeben werden. Im Vertrag mit dem Brautpaar kann zudem die Art der Foto- bzw. Datenübergabe geregelt werden, insbesondere sollte das geregelt werden, wenn es über ein Online-Portal bzw. einen Cloud-Service erfolgt. Außerdem bietet der Vertrag die Möglichkeit, die Dauer Datenspeicherung z.B. für Zwecke der Nachbestellung über die eigentlichen Vertragserfüllung hinaus zu vereinbaren.

In einer Stellungnahme der Landesdatenschutzaufsicht Brandenburg mir gegenüber vom 15.05.2018 geht die Aufsicht auch auf die Frage der (weiteren) Anwendbarkeit des KUG (Kunsturhebergesetzes von 1907) und der unmittelbaren Anwendbarkeit des Art. 85 DSGVO (Umsetzungsauftrag an nationalen Gesetzgeber zur Einführung von Regelungen, die Meinungs- und Informationsfreiheit mit dem Datenschutzrecht in Einklang bringen) ein: Die DSGVO hat einen höheren Rang als das KUG und sogar als das deutsche Grundgesetz. Selbst wenn man das KUG anwenden wollte, würde das nur die Veröffentlichung, nicht aber die Datenerhebung durch das Fotografieren erfassen. Die Aufsicht tritt somit zutreffend der vom Bundesinnenministerium in seiner FAQ-Liste zur DSGVO[1]geäußerten Auffassung, das KUG wäre weiterhin die Rechtsgrundlage, auch unter der DSGVO, zum Fotografieren (das war noch nie so, weil im KUG nicht regelt) entgegen. Die Rechtsgrundlage ist also ausschließlich im Art. 6 DSGVO zu suchen.

Berechtigte Interessen als Rechtsgrundlage fürs Fotografieren

Theoretisch, so die Aufsicht weiter, käme für das Fotografieren der Gäste und sonstiger Anwendenden (Teilnehmer) eine Einwilligung in Betracht. Aber das ist organisatorisch kaum machbar und – wie die Aufsicht in Hamburg aus betont hat – wäre das mit der unnötigen zusätzlichen Erfassung von Identifikationsdaten aller Teilnehmer verbunden, was auch nicht im Sinne des Datenschutzes ist, Art. 11 DSGVO. Also wenn keine Einwilligung (aus praktischen Gründen) in Betracht kommt und kein Vertrag, dann bleibt nur die Erlaubnis, Daten zur Wahrnehmung eigener berechtigter Interessen oder berechtigter Interessen Dritter zu verarbeiten, Art. 6 Abs. 1f DSGVO. Das eigene berechtigte Interesse des Fotografen ist die Ausübung seines Berufes, ein Interesse das durch Art. 15 der EU-Grundrechtscharta geschützt ist – sowie (z.B. bei Straßenfotografie) die Kunstfreiheit, Art. 13 EU-Grundrechtscharta. Zudem besteht ein berechtigtes Interesse des Brautpaares, seine Hochzeit fotografisch dokumentieren zu lassen und somit wichtige Erinnerungsbilder zu haben. Das wäre die eine Schale der Waage der Justitia. Diese Interessen sind mit den berechtigten Interessen der betroffenen Personen, die fotografiert wurden, abzuwägen. Hier geht auch die Datenschutzaufsicht davon aus, dass diese Interessen nicht schwerer wiegen und vor allem dass nach der Lebenserfahrung jeder Teilnehmer damit rechnet, dass die Hochzeit für das Brautpaar fotografiert wird. Damit wäre dann auch – ohne Einwilligung, sondern auf der Grundlage der Wahrnehmung berechtigter Interessen – das Fotografieren bei einer Hochzeit was die Rechtsgrundlage anbetrifft, genau so möglich wie vorher.

Datenschutzinformationspflicht bei Hochzeitsfotografie

Also was ändert sich: Die Informationspflichten. Und um diese zu erfüllen empfiehlt die Aufsicht eine Datenschutzinformation etwa (also es gibt auch noch andere Möglichkeiten) in Form eines Aufsteller im Eingangsbereich. Das mag zwar auf den ersten Blick ein administrativ lästiger Punkt sein, kann aber auch eine Marketingchance für den Fotografen sein. Jedenfalls empfiehlt es sich, das Aufstellen eines Datenschutzhinweises im Vorfeld vertraglich mit dem Brautpaar zu vereinbaren, damit es nicht bei der Hochzeit darüber Diskussionen gibt.

Datenschutzinformationspflicht delegieren

Eine andere Möglichkeit für den Fotografen, seiner Informationspflicht nachzukommen, wäre, dem Brautpaar die Pflicht aufzuerlegen, die Datenschutzinformationen des Fotografen an alle Hochzeitsteilnehmer weiterzureichen. Dann würde man sich das Aufstellen der Datenschutzinfos sparen. Die Aufsicht scheint das aber auch nicht für den idealen und praktikableren Weg zu halten. Es aber immerhin eine Option für den Fall, dass das Brautpaar keinen Datenschutzaufsteller will.

Datenportabilität

Ein weiterer Punkt, der in der Stellungnahme der Aufsicht angesprochen war, aber nichts speziell nur mit Hochzeitsfotografie zu tun hat, ist der Anspruch auf Datenübertragbarkeit, Art. 20 DSGVO. Wenn jemand einem für die Datenverarbeitung verantwortlichen Daten im Rahmen eines Vertrages bereitstellt, hat er/sie den Anspruch, dass diese Daten herausgegeben und ggf. sogar direkt an einen neuen Dienstleister übertragen werden. Man könnte nun auf die Idee kommen, dass Kunden von Fotografen diesen Anspruch geltend machen und so versuchen sich das Honorar zu ersparen. So ist der Anspruch auf Datenübertragbarkeit aber nicht gemeint. Er besteht auch nicht bei Daten, die der Verantwortliche (Fotograf) selbst erzeugt hat – also fotografiert hat.

Außerdem besteht der Anspruch auf Datenportabilität dann nicht, wenn dadurch Rechte anderer Personen verletzt werden. Und dazu gehören auch das Urheberrecht des Fotografen und dessen Honoraranspruch.

Fotoauftrag als Auftragsverarbeitung?

Eine weitere häufig von Fotografen gestellte Frage ist, ob sie jetzt – wie wohl von einigen Kunden gefordert – mit diesen einen Vertrag zur Auftragsverarbeitung (AVV), Art. 28 DSGVO, schließen müssen. Meine Antwort hierauf: Nein! Bei einem Fotoauftrag ist der Fotograf nicht streng weisungsgebunden, sondern hat immer die künstlerische Freiheit den Fotoauftrag mit seiner persönlichen Handschrift, seinem Stil umzusetzen. Der „Verantwortliche“, Art. 4 Nr. 7 DSGVO, entscheidet über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung. Aus Sicht des (Berufs-)Fotografen ist der Zeck der fotografischen Tätigkeit damit seinen Lebensunterhalt zu verdienen und seinen künstlerischen oder journalistische Ambitionen nachzugehen. Die Mittel der Fotografie bestimmt der Fotograf: Wahl von Kamera, Objektiv, Computer und Software zur Bildbearbeitung etc. Ebenso bestimmt er den Blickwinkel, die Perspektive, das Licht, den Zeitpunkt der Aufnahme, nimmt ggf. Einfluss auf das Motiv durch Arrangieren oder Regieanweisungen.  Schließlich trifft der Fotograf die Auswahl der Fotos, die er seinen Kunden vorlegt und legt die Art der Bildbearbeitung fest. All das ist nicht, wie es eine Auftragsverarbeitung fordern würden, streng weisungsgebunden. Ja im Regelfall könnte der Auftraggeber nicht mal die Weisungen geben, weil ihm die Kenntnisse und die künstlerische Gestaltungsfähigkeit fehlen. (siehe hier auch meine Stellungnahme im Rahmen der Anhörung im Landtag von Schleswig-Holstein) In einer Antwort vom 24.01.2019 auf einen Anfrage von mir hat die Landesdatenschutzaufsicht Thüringen meine Auffassung bestätigt, dass der Fotoauftrag keine Auftragsverarbeitung ist.

Der Fotograf muss hingegen mit seinen Dienstleistern, z.B. Labor, Online-Datenspeicher oder -transfer-Dienstleistern, Webhostern etc. AVV-Verträge schließen (s.o).

Der Beitrag ist leicht gekürzt erschienen in PhotoPresse 08-2018, S. 12 – 13

Aktualisiert und ergänzt um weitere Hinweise am 04.09.2018
Aktualisiert bzgl. AVV am 09.05.2019

Weitere Informationen zur DSGVO und Fotografie

Weitere Infos der Datenschutzaufsichtsbehörden:

  1. Praxisreihe 6 des ULD Fotos und Webcams, Schleswig-Holstein – Stand Mai 2018:
  2. Siehe „Verarbeitung personenbezogener Daten bei Fotografien – Rechtliche Anforderungen unter der DS-GVO“ von der Landesdatenschutzaufsicht in Brandenburg – Stand 11.06.2018
  3. Anfertigung und Veröffentlichung von Personenfotografien nach dem 25. Mai 2018 im nicht-öffentlichen Bereich – Landesdatenschutzaufsicht Niedersachsen, Stand Juni 2018
  4. Erstellung und Verwendung von Schülerfotos, LDA Bayern (inkl. Fotoauftrag als AVV, Art. 28 DSGVO – siehe Widerspruch hierzu „Fotografieren im Beschäftigungsverhältnis nach DSGVO“ )
  5. Kita-Fotografie: Datenschutz bei Bild-, Ton- und Videoaufnahmen – Was ist in der Kindertageseinrichtung zu beachten? – Berliner Beauftragte für Datenschutz
  6. FAQ Fotografieren und Datenschutz – Wir sind im Bild! LDA Baden-Württemberg
  7. FAQ Veröffentlichung von Fotos speziell für Vereine – LDA Baden-Württemberg
  8. Veröffentlichung von Bildern beachten? – LDA Bayern

Siehe auch Stellungnahme des BVPA (mit meine Anmerkungen).

Inzwischen liegt ein Referentenentwurf für ein zweites Gesetz zur Anpassung des Datenschutzrechts an die DSGVO vor. Hierzu gibt es eine Stellungnahme des dt. Anwaltsvereins vor, der eine konkrete Umsetzung des Art. 85 DSGVO zugunsten der Meinungsfreiheit fordert (ab S. 8) und sich dabei in Fußnote 14 und 18 auch auf meine Stellungnahmen bezieht.

Siehe auch meine anderen Beiträge zum Thema: In Teil 1 wurden Fotos als personenbezogene Daten eingeordnet, in Teil 2 folgte die Einordnung des Fotografierens als Datenerhebung und in Teil 3 die Darstellung der Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung nach der Datenschutzgrundverordnung im Verhältnis zum Kunsturhebergesetz (KUG) und dem Recht am eigenen Bild. In Teil 4 geht es  um die Darstellung eines Plans mit 8 Maßnahmen zur Umsetzung des neuen Datenschutzrechts im Fotobusiness. Der DSGVO und Vermarktung von Personenfotos durch Bildagenturen wurde eingesonderter Beitrag gewidmet. Zudem gibt es ein Update vom 12.05.2018, in dem u.a. auf die rechtliche Diskussion eingegangen wird.

Rechtsanwalt David Seiler, 06.06.2018 www.fotorecht-seiler.eu – www.ds-law.eu

[1]https://www.fotorecht-seiler.eu/dsgvo-fotografie-kug-update/https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/kurzmeldungen/DE/2018/04/faqs-datenschutz-grundverordnung.html