Markenrechtsverletzung durch Fotovermarktung?

Markenrechtsverletzung durch Fotovermarktung?

Markenrechtsverletzung durch Fotovermarktung?

Markenrechtsverletzung, Bildagentur, Vermarktung, Vertrieb, Lizenzierung Fotos, Abmahnung, strafbewehrte Unterlassungserklärung, Recht am eigenen Bild, Porträtfoto als Marke, markenmäßige Benutzung, Rechtsanwalt David Seiler, Cottbus, Berlin, Brandenburg, Leipzig, Dresden

Markenrechtsverletzung durch Bildagenturen, die Fotos vermarkten?

Die markenrechtliche Abmahnung gegen eine Bildagentur

Der Fall: Ein Verband mahnt eine Bildagentur wegen angeblicher Verletzung von Markenrechten ab und fordert die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Derartiges kann leicht auch einen Fotografen treffen. Die Bildagentur bietet in ihrer Online-Datenbank unter anderem auch Fotos zur Lizenzierung an, auf denen die Marke – ein Logo – zu erkennen ist. Der Verband hat für seine Mitglieder mehrere Marken beim deutschen und europäischen Patent- und Markenamt angemeldet und eingetragen bekommen, die ein Logo in Form eines grafisch und farblich gestalteten Buchstabens und einer Grafik enthält (sogenannte Wort-Bildmarke), und von den Verbandsmitgliedern genutzt werden kann (sogenannte Kollektivmarke). Die Marke wurde vielfach an den Ladengeschäften und Schaufenstern der Verbandsmitglieder angebracht und in der Folge auch fotografiert und von verschiedenen Fotografen einer Bildagentur angeboten. Die Bildagentur bietet ihrerseits in ihrer Online-Datenbank unter anderem auch Fotos zur Lizenzierung an, auf denen die Marke – ein Logo – zu erkennen ist.

Geforderte Unterlassungserklärung mit Vertragsstrafeversprechen

Die rechtliche Frage ist nun, ob die Abmahnung zu Recht erfolgt ist und die Bildagentur die weitere Vermarktung von Fotos, auf denen die Marke zu erkennen ist, unterlassen und zur Beseitigung der Gefahr der fortgesetzten Wiederholung der Rechtsverletzung eine Unterlassungserklärung abgeben muss. Liegt eine Rechtsverletzung vor, wird von der Rechtsprechung angenommen, dass der Verletzer die Rechnungsverletzung wiederholt und fortsetzt (sogenannte Wiederholungsgefahr). Nach der Rechtsprechung beseitigt nur die Abgabe einer Unterlassungserklärung unter Übernahme einer angemessenen Vertragsstrafe die Wiederholungsgefahr. In der Unterlassungserklärung müsste die Agentur sich also gegenüber dem Verband verpflichten, im Falle einer erneuten Logonutzung eine Vertragsstrafe zu bezahlen. Hinzu kämen die Kosten für einen mit der Abmahnung beauftragten Anwalt.

Wenn der Fotograf der Bildagentur die Einräumung von Rechten (konkrete am Markenrecht bzw. allgemein die „Freiheit von Rechten Dritter“ wirksam) versprochen hätte, könnte sich die Agentur ihrerseits an den Fotografen wenden und von ihm die Erstattung der ihr entstandenen Kosten verlangen.

Ansprüche aus dem Markenrecht bei Markenrechtsverletzung

Doch ergibt sich aus dem Markenrecht überhaupt ein Anspruch auf Unterlassung der Vermarktung von Fotos, die fremde Marken zeigen? Das Markenrecht gewährt dem Markenrechtsinhaber ein Monopolrecht (sogenanntes ausschließliches bzw. exklusives Recht), eine Marke, auch Kennzeichen genannt, zur Kennzeichnung der Herkunft für eine bestimmte Ware oder Dienstleistung und zur Unterscheidung von anderen Waren oder Dienstleistungen anderer Anbieter zu nutzen (sogenannte Kennzeichnungs- und Unterscheidungskraft).

Wird eine identische oder ähnliche Marke im geschäftlichen Verkehr (also nicht nur privat) zur Kennzeichnung einer identischen oder ähnlichen Ware oder Dienstleistung benutzt (sogenannte markenmäßige Benutzung), insbesondere wenn dadurch eine Verwechslungsgefahr entsteht, so liegt eine Markenrechtsverletzung vor, die einen Unterlassungsanspruch begründet, § 14 MarkenG.

Die Dienstleistung einer Bildagentur liegt im Vertrieb von Nutzungsrechten an Fotos. Hierzu verwendet sie ihre eigene Marke bzw. Geschäftsbezeichnung (Firmennamen) und nicht das Logo des Verbandes, welches auf den von ihr vertriebenen Fotos abgebildet ist. Es liegt also bereits keine markenmäßige Benutzung der auf den Fotos abgebildeten Marke durch die Bildagentur vor.

Nutzungsrechte der Agenturkunden und Pressefreiheit für Bildagenturen

Zweck der Bildagentur ist es, Fotos zu beliebigen, teilweise in den AGB näher eingeschränkten Zwecken (z.B. nur für redaktionelle Zwecke) an Bildnutzer zu vermarkten. Dies können z.B. Werbeagenturen bzw. werbetreibende Unternehmen, aber auch Verlage, Redaktionen etc. sein, die Fotos zur redaktionellen Berichterstattung oder deren Bebilderung nutzen wollen. Die Frage, ob die Fotos mit dem als Marke geschützten Logo markenmäßig verwendet werden, entscheidet sich also nicht auf der Ebene der Bildagentur, sondern auf Ebene von deren Kunden bzw. der Nutzer der Fotos mit dem Logo. Zum Beispiel kann das VW-Logo gezeigt werden, wenn über den Diesel-Skandal berichtet wird. Dies kann VW nicht aufgrund des Markenrechts unterbinden, auch wenn dem Unternehmen die Berichterstattung nicht beliebt. Wenn eine Apotheke bestreikt wird, über Arzneimittelpreise oder über hilfreiche Medikamente in der Grippesaison berichtet wird, kann eine Apotheke bzw. deren Logo im Rahmen der Berichterstattung gezeigt werden, ohne dass eine markenmäßige Benutzung vorliegt.

Da die Frage der Markenverletzung auf der Ebene der Nutzer zu beantworten ist, ist auch auf deren Rechtspositionen abzustellen. So hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass auch die Tätigkeit einer Presseagentur in den Schutzbereich der Pressefreiheit fällt. Vom Schutz umfasst ist die Bereitstellung von Bildern zur Veröffentlichung in Medien anderer Unternehmen. Auch wenn die Verbreitung der Bilder Unterhaltungszwecken dient, lässt sie dies nicht aus dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG fallen. BVerfG Az. 1 BvR 507/01, Rn 11 – vgl. auch BVerfGE 97, 228, 257; 101, 361, 389 f..

Ähnlich urteilte der Bundesgerichthof in der Entscheidung Spiegel-Dossier, BGH, Urteil vom 9. 2. 2010 VI ZR 243/08, Rn 24:

„Weiterhin ist zu beachten, dass das vom Kläger begehrte Verbot einen abschreckenden Effekt auf den Gebrauch der Meinungs- und Pressefreiheit hätte, der den freien Informations- und Kommunikationsprozess einschnüren würde.“

Auch das Urheberrecht von Christo an seinem Werk „Verhüllter Reichstag“ verhindert nicht die Tagesberichterstattung, vgl. § 50 UrhG

Wie der BGH in seiner Entscheidung Aluminiumräder zur Marke von Porsche festgestellt hat, dürfen fremde Marken sogar in bestimmten engen Grenzen in Werbefotos auftauchen, nämlich dann, wenn das rechtlich geschützte Produkt in einem bestimmungsgemäßen Gebrauch gezeigt wird und wenn es dazu dient, die Zweckbestimmung des Produktes, für das geworben wird, zu demonstrieren, vgl. § 23 MarkenG. Konkretes Beispiel im BGH-Fall: der Hersteller von Aluminiumrädern für Porsche durfte in Werbefotos einen Porsche samt Logo abbilden, da die Abbildung des Sportwagens den für den Verkehr erkennbaren Zweck hat, das Produkt in seiner bestimmungsgemäßen Verwendung zu zeigen. BGH, Az. I ZR 37/01 vom 15.07.2004.

In einer Entscheidung zur Abbildung eines Ferrari Sportwagens samt deutlich erkennbarem Logo im Rahmen eines Preisausschreibens von Jägermeister in der Zeitschrift TV-Spielfilm, entschied der BGH, Az. I ZR 29/03, Urteil vom 03.11.2005, dass zwar der Schutzbereich der Marken verletzt sei und eine markenmäßige Verwendung vorliege, aber das Markenrecht durch den Verkauf des Ferrari erschöpft sei, § 24 MarkenG.

Sogar Porträt-Fotos können grundsätzlich als Marke eingetragen werden, wie das Bundespatentgericht im Fall von Michael Schumacher, dem mehrmaligen Formel 1 Weltmeister, entschieden hat, BPatG, Beschluss vom 29.04.1998, Az. 29 W (pat) 81/98. Dies gelte auch dann, wenn die abgebildete Person eine sogenannte Person der Zeitgeschichte, also z.B. als Politiker, Schauspieler oder Sportler allgemein bekannt ist.

Im konkreten Fall wurde ein Porträtfoto von Michael Schumacher als Marke für eine große Zahl von Marken und Dienstleistungen in unterschiedlichen Produktbereichen zur Eintragung angemeldet.

Eine abgebildete Person, der ein Recht am eigenen Bild, also auch am eigenen Porträtfoto zusteht, kann also entscheiden, ob sie der Anmeldung eines Fotos von sich als Marke etwa durch ein Unternehmen zustimmt. Aber auch ohne die Markeneintragung konnte die abgebildete Person aufgrund des Rechts am eigenen Bild und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts bereits die Verwendung ihrer Porträtfotos zu Werbezwecken untersagen und bei unberechtigter Nutzung ein „Modelhonorar“ als Schadensersatz sowie ggf. Schmerzensgeld verlangen. Der markenrechtliche Schutz bewirkt im Ergebnis also keinen praktischen Unterschied, weshalb dieses Instrument auch nicht stark verbreitet ist.

Wichtig ist an der Entscheidung insbesondere die Bemerkung des Gerichts, dass der freien redaktionellen Verwendung von Porträtfotos von Michael Schumacher das Markenrecht nicht entgegensteht, da er eine Person der Zeitgeschichte ist (vgl. § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG).

Bei einer schon länger verstorbenen Person, über die vielfache Veröffentlichungen existieren und deren Recht am eigenen Bild 10 Jahre nach dem Todesjahr abgelaufen ist – Marlene Dietrich – wurde wegen eines sogenannten Freihaltebedürfnisses, § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, die Eintragung eines Porträtfotos als Marke vom Bundespatentgericht abgelehnt, BPatG, Az. 29 W (pat) 147/03, 09.05.2005 und 13.05.2009.

Es gibt also zahlreiche Möglichkeiten, ein Foto mit einer abgebildeten Marke, z.B. einem Logo, rechtskonform zu nutzen, die eine Bildagentur nicht vorhersehen kann, da dies von der konkreten Nutzung durch den Kunden der Bildagentur abhängig ist. Schon von daher ist kein – im Ergebnis – vorbeugender Unterlassungsanspruch gegen die Bildagentur zulässig.

Was ist vorbeugend zu tun, um Markenrechtsverletzungen zu vermeiden?

Aus Gründen der Vorsicht ist den Fotografen gegenüber den Bildagenturen und den Bildagenturen gegenüber ihren Kunden jedoch dringend zu raten, ihre Kunden darauf hinzuweisen, dass das Foto, an dem sie die Einräumung urheberrechtlicher Nutzungsrechte anbietet, ein Motiv enthalten kann, an dem Rechte Dritter, z.B. dem Markenrecht an abgebildeten Logos, bestehen können. Zudem sollte den Kunden mitgeteilt werden, ob eine Einwilligung des Rechteinhabers am Motiv (z.B. Model-Release, Property-Release, Zustimmung eines Markenrechtsinhabers) vorliegt oder nicht.

Eine Pflicht zum Hinweis auf den markenrechtlichen Schutz besteht jedoch nicht aus § 16 Markengesetz, der Lexika und ähnliche, auch elektronischen Datenbanken (z.B. Wikipedia) verpflichtet, auf den Markenschutz einer beschriebenen Marke hinzuweisen. Diese Pflicht soll nämlich dazu dienen, ein Verständnis der Marke als Gattungsbegriff zu vermeiden, was zu einem Verlust des Markenrechts führen kann, da der Markenschutz eine Kennzeichnungs- und Unterscheidungskraft voraussetzt, die bei einem Gattungsbegriff nicht (mehr) gegeben ist.

Was ist im Falle einer Abmahnung wegen Markenrechtsverletzung zu tun?

Im Falle einer Abmahnung ist zu prüfen, welche Rechtsposition der Abmahnende hat, also ob die konkreten Marken mit Registernummern angegeben sind, wie der Status der Markeneintragung ist, ob die jeweilige Marke rechtserhaltend benutzt wurde oder ihrerseits angegriffen werden kann, ob eine Identität oder Ähnlichkeit von Waren oder Dienstleistungen besteht und eine Rechtsverletzung, also z.B. überhaupt eine markenmäßige Verwendung oder Rechtfertigungsgründe vorliegen. Hierzu ist die Beratung durch eine/-n spezialisierten Rechtsanwalt/-in unter Einhaltung der gesetzten Fristen dringend zu empfehlen, um teuren einstweiligen Verfügungen oder Klagen wegen Nicht-Reaktion vorzubeugen. Davon, eine Abmahnung zu ignorieren ist ebenso abzuraten, wie davon die geforderte Unterlassungserklärung ohne nähere Prüfung zu unterschreiben, da die geforderte Unterlassungserklärung gänzlich unberechtigt oder inhaltlich zu weitgehend und der geltend gemacht Anspruch nicht bestehen oder die Erklärung, die 30 Jahre lang wirkt, zu weit gefasst sein kann.

David Seiler, Rechtsanwalt

Vgl. https://www.fotorecht-seiler.eu/portraet-foto-als-marke-eingetragen/

Der Beitrag ist in leicht abgeänderter Form erschienen in Photopresse PP 13-2017, S. 22 – 23 und in abgeänderter Form in PICTA Wissen für Bildprofis, 1/2018, S. 49 – 51