Gesetz betreffend den Schutz von Photographien gegen unbefugte Nachbildung vom 10. Januar 1876
Photographien wurden erstmal 1876 in Deutschland gesetzlich geschützt. Erfunden wurde die Fotografie – noch unter anderem Namen – 1826. Siehe ausführlich:
Ricke, Stefan, Entwicklung des rechtlichen Schutzes von Fotografien in Deutschland unter besonderer Berücksichtigung der preußischen Gesetzgebung, 1. Auflg., Münster 1998
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Das Gesetz betreffend den Schutz von Photographien gegen unbefugte Nachbildung wurde 1907 durch das KUG abgelöst, dem 1966 das Urheberrechtsgesetzes vom 9.9.1965 (BGBl. I S. 1273) folgte.
Siehe insgesamt zu Urheberrechtsmaterialien:
Schulze, Marcel,
Materialien zum Urheberrechtsgesetz, 3. Auflg., Weinheim 2003
Gesetz betreffend den Schutz von Photographien gegen unbefugte Nachbildung vom 10. Januar 1876
§ 1 (Vervielfältigungsrecht)
Das Recht, ein durch Photographie hergestelltes Werk ganz oder teilweise auf mechanischem Wege nachzubilden, steht dem Verfertiger der photographischen Aufnahme ausschließlich zu.
§ 2 (freie Benutzung)
Als Nachbildung ist nicht anzusetzen die freie Benutzung eines durch Photographie hergestellten Werkes zur Hervorbringung eines neuen Werkes.
§ 3 (Verbreitungsrecht)
Die mechanische Nachbildung eines photographischen Werkes, welche in Absicht, dieselbe zu verbreiten, ohne Genehmigung der Berechtigten (§§ 1 und 7) hergestellt wird, ist verboten.
§ 4 (Schranke für Industrie und Handwerk)
Die Nachbildung eines photographischen Werkes, wenn sie sich an einem Werke der Industrie, der Fabriken, Handwerke oder Manufakturen befindet, ist als eine verbotene nicht anzusehen.
§ 5 (Urheberbezeichnung, Urhebervermerk)
Jede rechtmäßige photographische oder sonstige mechanische Abbildung der Originalaufnahme muß auf der Abbildung selbst oder auf dem Karton
- den Namen beziehungsweise die Firma des Verfertigers der Originalaufnahme oder des Verlegers, und
- den Wohnort des Verfertigers oder Verlegers,
- das Kalenderjahr, in welchem die rechtmäßige Abbildung zuerst erschienen ist,
enthalten, widrigenfalls ein Schutz gegen Nachbildung nicht stattfindet.
§ 6 (Schutzfrist)
Der Schutz des gegenwärtigen Gesetzes gegen Nachbildung wird dem Verfertiger des photographischen Werkes fünf Jahre gewährt. Diese Frist wird vom Ablaufe desjenigen Kalenderjahres ab gerechnet, in welchem die rechtmäßigen photographischen oder sonstigen mechanischen Abbildungen der Originalaufnahme zuerst erschienen sind.
Wenn solche Abbildungen nicht erscheinen, so wird die fünfjährige Frist von dem Ablauf desjenigen Kalenderjahres ab gerechnet, in welchem das Negativ der photographischen Aufnahme entstanden ist.
Bei Werken, die in mehreren Bänden oder Abteilungen erscheinen, findet der § des Gesetzes 11. Juni 1870, betreffend das Urheberrecht an Schriftwerken u. a., Anwendung
§ 7 (Erbrecht)
Das im § 1 bezeichnete Recht des Verfertigers eines photographischen Werkes geht auf dessen Erben über. Auch kann dieses Recht von dem Verfertiger oder dessen Erben ganz oder teilweise durch Vertrag oder durch Verfügung von Todeswegen auf andere übertragen werden. Bei photographischen Bildnissen (Portraits) geht das Recht auch ohne Vertrag von selbst auf den Besteller über.
§ 8 (Bearbeitungsurheberrecht für künstlerische Vervielfältigung)
Wer eine von einem Anderen verfertigte photographische Aufnahme durch ein Werk der malenden, zeichnenden oder plastischen Kunst nachbildet, genießt in Beziehung auf das von ihm hervorgebrachte Werk das Recht eines Urhebers nach Maßgabe des § 7 des Gesetzes vom 9. Januar d. J., betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste.
§ 9 (Verweis bzgl Rechtsfolgen u.a.)
Die Bestimmungen in den §§ 18 bis 38, 44, 61 Absatz 1 des Gesetzes vom 11. Juni 1870, betreffend das Urheberrecht an Schriftwerken u.a., finden auch Anwendung auf das ausschließliche Nachbildungs- und Vervielfältigungsrecht des Vefertigers photographischer Werke.
(Anm: Gesetzt abgedruckt bei Schulte, Materialien, Bd. 1: § 18 – 25: Entschädigung und Strafen, § 26 – 32: Verfahren, § 33- 38: Verjährung; § 44 Zitatrecht, § 61 Schutzlandprinzip)
§ 10 (Gutachter)
Die Sachverständigen- Vereine, welche Gutachten über die Nachbildung photographischer Aufnahmen abzugeben haben, sollen aus Künstlern verschiedener Kunstzweige, aus Kunsthändlern, aus anderen Kunstverständigen und aus Photographen bestehen.
§ 11 (ähnliche Aufnahme Verfahren)
Die Bestimmungen des gegenwärtigen Gesetzes finden auch Anwendung auf solche Werke, welche durch ein der Photographie ähnliches Verfahren hergestellt werden.
§ 12 (Inkrafttreten)
Das gegenwärtige Gesetz tritt mit dem 1. Juli 1876 in Kraft. Auf photographische Aufnahmen, welche vor diesem Tage angefertigt sind, findet dasselbe nur dann Anwendung, wenn die erste rechtmäßige photographische oder sonstige mechanische Abbildung der Originalaufnahme nach dem Inkrafttreten des gegenwärigen Gesetzes erschienen ist.
Photographische Aufnahmen, welche schon bisher landesgesetzlich gegen Nachbildung geschützt waren, behalten diesen Schutz; jedoch kann derselbe nur für denjenigen räumlichen Umfang geltend gemacht werden, für welchen er durch die Landesgesetzgebung erteilt war.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Berlin, den 10. Januar 1876
In fotorechtlicher Hinsicht ist noch folgendes Gesetz von rechtsgeschichtlichem Interesse für die Panoramafreiheit
„Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der Bildenden Künste vom 09.01.1876“
(KG) in der vom Reichstag am 13.12.1875 beschlossenen Fassung
§ 6:
„Als verbotene Abbildung ist nicht anzusehen:
(…) 3. die Nachbildung von Werken der bildenden Künste, welche auf oder an Straßen oder öffentlichen Plätzen bleibend sich befinden. Die Nachbildung darf jedoch nicht in derselben Kunstform erfolgen“(RGBl. 1876, 4 ff.(5))
(Vergleiche im Folgenden die entsprechende Regelung in § 20 KUG und § 59 UrhG)
siehe zur Begründung von § 59 UrhG – im Entwurf noch § 60 UrhG:
Zu § 60 – Werke an öffentlichen Plätzen
§ 60 gibt den Inhalt des § 20 KUG wieder, nach dem bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befindliche Werke für die Vervielfältigung, Verbreitung und Vorführung freigegeben sind. Der Entwurf erweitert jedoch diese Befugnisse um die Funksendung.
Dem Urheber, wie vorgeschlagen worden ist, einen Vergütungsanspruch für den Fall zu gewähren, daß aus der zugelassenen Verwertung ein Gewinn gezogen wird, dürfte kein Anlaß bestehen. Die Regelung des § 60 beruht auf der Erwägung, daß die Aufstellung eines Kunstwerkes an öffentlichen Orten zum Ausdruck bringt, daß damit das Werk der Allgemeinheit gewidmet wird. Aus dieser Zweckbestimmung rechtfertigt sich eine Beschränkung des Urheberrechts in der Weise, daß jedermann das Werk abbilden und die Abbildungen verwerten darf.
Die Beschränkung, wie weiter angeregt, auf die in öffentlichen Museen dauernd ausgestellten Kunstwerke auszudehnen, erscheint nicht angemessen. Diese Kunstwerke werden nicht in dem gleichen Maße der Allgemeinheit gewidmet wie die Werke, die an öffentlichen Plätzen aufgestellt sind. Auch wäre im Einzelfall schwer festzustellen, ob ein solches Kunstwerk bleibend ausgestellt ist.
Stand 13.10.2005