Was tun bei Fotorechtsverletzungen?
Soll man bei Fotorechtsverletzungen direkt selbst eine Rechnung stellen, einen Nachlizenzierung anbieten oder gleich vom Anwalt eine Abmahnung schicken lassen? Fotorechtsverletzungen, also insbesondere die Verletzung des Urheberrechts des Fotografen, sind leider an der Tagesordnung, gerade im Internet. Wenn ein Fotograf das zufällig oder durch gezielte Recherche, z.B. über die Bildsuchfunktionen von Internetsuchmaschinen entdeckt, die übrigens auch viele Bilderdiebe nutzen, wird in Mailinglisten und Foren immer wieder die Frage gestellt, wie man als Fotograf, Bildagentur oder sonstiger Inhaber von Rechten an Fotos gegen die Rechtsverletzungen vorgehen kann. Meist werden drei verschiedenen Vorgehensweisen vorgeschlagen und kontrovers diskutiert:
- Rechnung stellen
- Nachlizenzierung anbieten
- Abmahnung und Schadensersatzforderung
Und zwar jeweils in den Varianten a) selbst machen oder b) einen Dienstleister, z.B. einen Anwalt einschalten. Was ist von diesen Methoden zu halten? Welche Vor- und Nachteile bieten sie?
Rechnung stellen bei Fotorechtsverletzungen?
Dass Fotografen dem Rechtsverletzer einfach eine Rechnung schicken, ist eine häufig praktizierte und wohl auch häufig erfolgreiche Methode. Für den Verletzer hat diese Methode den Vorteil, dass die Sache schnell und ohne zusätzliche Kosten für Anwalt oder Gericht bereinigt werden kann. Einen Anspruch auf Bezahlung der Rechnung hat der Fotograf aber nicht, da die Rechnung eine vertragliche Leistung des Fotografen, nämlich die Einräumung der ja gerade verletzten Nutzungsrechte voraussetzen würde. Von Gesetzeswegen hat der Fotograf nur einen Schadensersatzanspruch – neben dem Anspruch auf Auskunft und Unterlassung. Hierfür wird keine Mehrwertsteuer berechnet, da es sich bei einem Schadensersatz nicht um eine Leistung handelt. Unklar bleibt also, wie mit den Rechnungen ohne Rechtsgrundlage buchhalterisch und steuerrechtlich umzugehen ist. Außerdem bleibt bei diesem Vorgehen für beide Seiten unklar, ob die Nutzung in der Zukunft fortgesetzt werden darf und nur die bisherige Nutzung bezahlt wurde oder die fortgesetzte Nutzung einen weiteren Anspruch des Fotografen auslöst, den dieser dann später noch einmal geltend machen kann – sicherlich auch eine Frage der Formulierung der Rechnung. Schließlich darf nicht übersehen werden, dass für eine korrekte Berechnung der Nutzungsrechte auch der zeitliche Nutzungsumfang (seit wann wurde das Foto genutzt) und etwaige weitere Nutzungen in anderen Medien berücksichtig werden können, worauf der Fotograf, der eine Nutzung im Internet entdeckt und ohne diese Informationen eine Rechnung stellt, zugleich weitgehend verzichtet, da er ja mit der Rechnung keine Auskunftsanspruch bzgl. weiterer Rechtsverletzungen geltend macht.
Nachlizenzierung anbieten bei Fotorechtsverletzungen?
Eine weitere „friedliche“ bzw. versöhnliche Methode ist es, den Verletzer auf die Verletzung aufmerksam zu machen und ihm hierfür eine Nachlizenzierung anzubieten, um auf den Boden der Legalität zurück zu kehren. In diesem Zusammenhang kann dann sowohl der zurückliegende Nutzungsumfang als auch die Zulässigkeit der künftigen Nutzung geklärt werden, z.B. durch gesplittete Preise. Dem Nachlizenzierungsangebot kann in Zweifelsfällen noch die Frage an den vermeintlichen Verletzer vorausgehen, auf welcher Rechtsgrundlage er meint, das Foto nutzen zu dürfen (sogenannte Schutzrechtsanfrage). Wenn die Frage dann nicht zufriedenstellend beantwortet wird, kann das Nachlizenzierungsangebot oder gleich der Gang zum Anwalt folgen.
Wenn sich der Verletzer auf das Nachlizenzierungsangebot einlässt, kommt ein Lizenzvertag zustande, der die Grundlage für eine Rechnung bietet. Insofern ist das Nachlizenzierungsangebot ein rechtlich unproblematisch zulässiges Vorgehen, das jedoch etwas kommunikationsaufwändiger ist als die direkte Rechnungsstellung. Diese Methode wenden auch einige Dienstleister an, die für Fotografen nach Rechtsverletzungen recherchieren und im Entdeckungsfall zugleich die Nachlizenzierung anbieten. Je nach Geschäftsmodell behalten sie im Erfolgsfall eine prozentuale Provision vom Erlös ein.
Wenn ein Rechtsverletzer trotz Rechnungsstellung oder Nachlizenzierungsangebot nicht zahlt, stellt sich dann die weitere Frage, ob man den Fall auf sich beruhe lässt oder die nächste Eskalationsstufe zündet und die im Gesetz vorgesehenen rechtlichen Mittel nutzt und den Verletzer abmahnt bzw. anwaltlich abmahnen lässt, § 97a UrhG.
Anwaltliche Abmahnung und Schadensersatzforderung bei Fotorechtsverletzungen?
In § 97a Urheberrechtsgesetz ist als Standardvorgehen bei Urheberrechtsverletzungen die Abmahnung mit Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung vorgesehen. Auch wenn Abmahnungen dadurch, dass sie in manchen Fällen missbraucht werden und überzogen hohe Forderungen aufgestellt werden, sind sie doch an sich nichts illegales, sondern das ausdrücklich vom Gesetzgeber vorgesehene Mittel, um nach Möglichkeit ohne Gang zum Gericht eine Urheberrechtsverletzung zwischen den Parteien zu klären. In diesem Zusammenhang werden neben einem Unterlassungsanspruch (die künftige Nutzung ist dann nicht mehr zulässig und der Verletzer muss das Foto austauschen), wird auch noch ein Auskunftsanspruch, § 101 UrhG, geltend gemacht, um alle begangenen Rechtsverletzung (alle Medien und Nutzungsarten einschließlich Umfang = Auflage und Zeitdauer) zu erfassen und dies bei der Schadensersatzforderung berücksichtigen zu können. Zwar besteht hierfür noch keine Pflicht, einen Anwalt einzuschalten, jedoch ist es ratsam sich qualifizierter anwaltlicher Unterstützung zu bedienen, da das Gesetz einige formale Anforderungen an eine korrekte Abmahnung stellt.
Wenn auch die Abmahnung nicht zum Erfolg führt, bleibt als letztes Mittel der Gang zum Gericht. Die Anwaltskosten für die Abmahnung muss der Verletzer zwar dem Verletzten ersetzen. Jedoch muss der Fotograf das Geld meist vorstrecken, da der Anwalt einen gesetzlichen Anspruch auf Vorschuss hat. Der Fotograf trägt dann das Risiko, dass nicht nur der Schadensersatzbetrag, sondern auch die Anwaltskosten beim Verletzer nicht beigetrieben werden können.
Fazit
Welchen der Wege man in welcher Fallkonstellation wählt, ist Geschmackssache und hängt auch von der persönlichen Mentalität, Prinzipientreue und finanziellen Risikobereitschaft ab. Möchte man einem Verletzer noch nachträglich eine Lizenz – auch für die künftige Nutzung – einräumen, kein Unrechtsbewußtsein beim Verletzer wecken und sich selbst die Arbeit damit machen oder möchte man nur Unterlassung, keine weiter Nutzung und Schadensersatz, keine Arbeit damit und dem Verletzer auch noch die Anwaltskosten auferlegen, um vielleicht Unrechtsbewusstsein zu schaffen und einen Lerneffekt zu erzielen und ist dafür bereit, das Kostenrisiko zu tragen. Zu überlegen ist auch, ob man mit einem direkten anwaltlichen Vorgehen die eigenen Geschäftsbeziehungen negativ beeinträchtigt, z.B. wenn man gegen einen Vertriebspartner der Kunden vorgeht, statt in einem solchen Fall ggf. mit anwaltlicher Unterstützung dem Kunden eine Nachlizenzierung anzubieten.
Rechtsanwalt David Seiler, Mai 2017
Leicht gekürzt erschienen in der Photopresse 06/2017, S. 12, geringfügig korrigiert und aktualisiert am 29.08.2018.
Wenn Sie Fragen zum Fotorecht und Beratungsbedarf haben, können Sie sich gerne an Rechtsanwalt David Seiler wenden.