Fotografieren von fremdem Eigentum

Fotografieren von fremdem Eigentum

Fotografieren von fremdem Eigentum

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Urheberrechts- und Eigentumsverletzung durch Fotografieren von fremdem Eigentum in der Rechtsprechung

In der Photopresse 2016, PP09, S. 16 wurde das Urteil des LG Berlin (31.05.2016, Az. 15 O 428/15) besprochen, wonach dem Reiss-Engelhorn Museum der Stadt Mannheim gegen die Wikimedia Foundation Inc. ein Anspruch auf Unterlassung der Internetveröffentlichung von Reproduktionsfotografien zusteht. Die Reprofotos zeigen Ausstellungsgegenständen, an denen die urheberrechtlichen Schutzfristen abgelaufen sind.

In einer über den konkreten Fall hinaus sehr interessanten Entscheidung hat der OLG Stuttgart entscheiden, dass dem Reiss-Engelhorn Museum der Stadt Mannheim auch gegen die Person, die eingescannte sowie selbst fotografierte Bilder der Ausstellungsgegenstände auf die Plattform Wikipedia Commens hoch geladen hat, ein Unterlassungsanspruch zusteht (OLG Stuttgart, 31.05.2017, Az. 4 U 204/16)

Die konkrete Urheberrechts- und Eigentumsverletzung

Das Museum hatte einen ehrenamtlichen Wikipedia-Unterstützer abgemahnt und, da er darauf nicht wie gefordert reagiert hat, auch verklagt. Vorgeworfen wurde ihm einerseits Urheberrechtsverletzung und andererseits Eigentumsverletzung

a) Urheberrechtsverletzung durch Abscannen und Hochladen

Der Beklagte hatte einerseits 17 Reprofotos, die der frühere Hausfotograf des Museums angefertigt hat und die in einer Publikation erschienen waren, abgescannt und auf die Plattform Wikipedia Commens hochgeladen.

b) Eigentumsverletzung durch Fotografieren und Hochladen der Fotos

Von weiteren 20 Exponaten hat der Beklagten selbst bei einem Ausstellungsbesuch Fotos gemacht, die er ebenfalls auf die Plattform Wikipedia Commens hochgeladen hat. Es handelte sich bei allen Ausstellungsstücke um Exponate, die im Eigentum der Klägerin stehen.

An den Kunstwerken sind die urheberrechtlichen Schutzfristen (70 Jahre nach dem Tod des Urhebers) bereits abgelaufen, so dass alle Fotos sogenannte gemeinfreie Werke zeigen.

Beklagter hat alle Fotos unter der „Creative Commons Lizenz“ hochgeladen, die jedem auch die kommerzielle Nutzung kostenfrei gestattet. Der Beklagte tat dies in Kenntnis des Eigentums und des Fotografierverbotes, da er es für anstößig und unanständig hält, dass ein mit öffentlichen Geldern finanziertes Museum der Öffentlichkeit – aus seiner Sicht – die gemeinfreien Werke vorenthält und weil er daher entsprechende Verbote für nichtig hält, wie er vor Gericht ausgesagt hat.

Meine Meinung dazu: Einerseits werden die Werke der Öffentlichkeit nicht vorenthalten, sondern sind im Museum zu besichtigen und zum anderen steht es niemandem zu, seine eigenen moralischen Wertungen über Recht und Gesetz zu stellen. Zudem ist es unverantwortlich, die Fotos ohne die erforderlichen Rechte unter der CC-Lizenz anzubieten und damit die Nachnutzer einem erheblichen rechtlichen und wirtschaftlichen Risiko auszusetzen. Wer das Recht herausfordern will, möge dies in eigener Verantwortung tun, ohne jedoch andere mit hinein zu ziehen.

Zuverlässigkeit der Lizenzangaben im Internet

Am Rande war in den Urteilen erwähnt, dass auch rund 50 Nachnutzer abgemahnt wurde. Diese hatten sich auf die Angabe, dass die Fotos unter der Creative Commens Lizenz stehen, verlassen und die Fotos genutzt. Die Fotos waren aber ohne Zustimmung des Eigentümers und Rechteinhabers ins Netz gestellt worden. Der Uploader verfügte gar nicht über die Berechtigung, die Fotos mit der CC-Lizenz online zu stellen. Im Urheberrecht gibt es keinen gutgläubigen Erwerb. Das bedeutet, dass auch derjenige, der sich im guten Glauben auf die Angabe der CC-Lizenz verlassen hat, ist gleichwohl für die von ihm durch die Nutzung der Fotos begangene Rechtsverletzung verantwortlich und muss die Abmahnkosten und ggf. auch Lizenzschaden bezahlen (letzterer ist bei CC-Lizenzen aber zumindest nach einem Urteil bei Null). Es ist offen, ob sich die Abgemahnten die Kosten vom Uploader zurückholen konnte. Dies macht deutlich, wie wichtig es ist, die Berechtigung zur Nutzung von Fotos im Vorfeld zuverlässig abzuklären bzw. bei einem professionellen Bildanbieter, der die Rechteklärung bereits durchgeführt hat, die Bildrechte zu kaufen.

Urheberrechtsverletzung durch Abscannen und Hochladen der Reprofotos

Rechtlich ging es beim Abscannen der Reprofotos, die der Hausfotograf gemacht hatte, aus einer Publikation darum, ob es sich lediglich um eine Vervielfältigung, § 16 UrhG, um eine einfache Fotografie (sogenanntes Lichtbild, § 72 UrhG) oder gar um ein Lichtbildwerk (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG) handelt. Das Abscannen ist jedenfalls selbst eine Vervielfältigung, § 16 UrhG, und das Hochladen eine Online-Zugänglichmachung, § 19 a UrhG, wenn das gescannte Reprobild durch das Urheberrechtsgesetz geschützt ist. Damit hat sich das Gericht ausführlich auseinandergesetzt. Es kam zum Ergebnis, dass die Abbildungen leistungsschutzrechtliche nach § 72 UrhG als einfache Lichtbilder geschützt sind; ob auch ein Schutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG als Lichtbildwerk in Betracht kommt, lässt das Gericht offen. Es handele sich um originär Urbilder (§ 72 UrhG) und nicht um rein mechanische Vervielfältigungen (§ 16 UrhG). Gute Reprofotos erfordern einen höheren Aufwand als gewöhnliche Fotos, die unzweifelhaft sogar als Lichtbildwerke geschützt sind. Daher sei es ein Wertungswiderspruch aufwändige Reprofotos schutzfrei zu lassen.

Das Museum ist auch Inhaberin ausschließlicher Nutzungsrechte, wie sich aus dem Arbeitsvertrag ergibt, §§ 43, 31 UrhG und aus einer eidesstattlichen Versicherung des Fotografen. Der Inhaber ausschließlicher Nutzungsrecht ist aktivlegitimiert (d.h. berechtigt, Klage zu erheben), um selbst Unterlassungsansprüche geltend zu machen.

Der Beklagte hat die Rechte der Klägerin an den Fotos durch Hochladen der Fotos auf Wikipedia Commons verletzt. Dem Museum steht also ein Unterlassungsanspruch gegen den Beklagten zu.

Eigentumsverletzung durch Fotografieren von Ausstellungsgegenständen und Hochladen der Fotos

Bei den Fotos, die der Beklagte selbst in einer Ausstellung aufgenommen hat, überträgt das Gericht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zum den Aufnahmen in preußischen Schlössern und Gärten (Sanssouci-Rechtsprechung) auf die Fotografie von Ausstellungsgegenständen. Der BGH hatte entschieden, dass der Eigentümer bestimmen kann, ob und wenn ja wer sein Eigentum zu Gesicht bekommt und unter welchen Bedingungen, also z.B. ob Fotografieren nur nach Genehmigung und unter Auflagen zulässig ist. Die fotografische Auswertung des Eigentums steht dem Eigentümer zu. Dies gilt laut Gericht nicht nur für Gärten und Schlösser, sondern auch für bewegliche Gegenstände wie Kunstwerke. Das Eigentum – auch an der urheberrechtlich gemeinfreien Sache – werde aber schon dann verletzt, wenn sie fotografiert wird.

Wichtig ist die Feststellung, dass an einem Gegenstand zwei Rechte parallel bestehen können – Eigentum und Urheberrecht – die ein unterschiedliches Schicksal haben. Auch wenn die urheberrechtlichen Schutzfristen abgelaufen sind, bleibt dennoch das Eigentumsrecht bestehen. Der Eigentümer kann – weitgehend nach belieben – frei über den Umgang mit seinem Eigentum verfügen – auch wenn die Urheberrechte abgelaufen sind, wobei das Gesetz nicht zwischen beweglichem und unbeweglichem Eigentum unterscheidet.

Daneben steht dem Museum das Hausrecht zu, welches dem Museum ebenfalls das Recht gibt, Bedingungen an das Fotografieren bzw. die Erlaubnis zu fotografieren zu stellen und ansonsten das Fotografieren – wie im Museum erfolgt – zu verbieten.

Schließlich konkretisiert sich das Hausrecht in der Benutzungsordnung und es kommt ein Besichtigungsvertrag zustanden, der ebenfalls das Fotografieren in der Ausstellung regelt. Das in der Benutzungsordnung enthaltene Fotoverbot stelle zwar eine AGB dar, jedoch ist sie nicht überraschend, da Fotografierverbote in Museen üblich und allgemein bekannt sind.

Dem Museum stehen somit sowohl gesetzliche wie vertragliche Unterlassungsansprüche zu.

Revision und Fazit

Das Gericht hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache die Revision zu BGH zugelassen. Da die Revision eingelegt wurde, hat der BGH Gelegenheit, über die Sache zu entscheiden und – wovon ich ausgehe – die Entscheidung des OLG Stuttgart zu bestätigen oder zu verwerfen.

Dass man nicht ohne Einverständnis des Eigentümers bzw. Rechteinhabers fremde Fotos einscannt und jedermann zur kostenfreien Nutzung via Internet zur Verfügung stellen darf, liegt m.E. auf der Hand. Viel grundlegendere Bedeutung hat die Entscheidung im Hinblick auf das Fotografieren von fremdem Eigentum. Wer die Bilder vermarkten will, sollte sich ein Property-Release unterzeichnen lassen. Die angeblich mündlich vom Aufsichtspersonal erteilte Einwilligung konnte der Beklagte nämlich nicht beweisen.

David Seiler, Rechtsanwalt – berät bundesweit zu Fragen des Fotorechts

Mainz, den 25.10.2017

Veröffentlicht in Photopresse 14/2017, S. 14 – 15

Siehe auch: Mark Lebach, Anmerkung | Eigentumsverletzung durch Fotografieren gemeinfreier Kunstwerke | OLG Stuttgart v. 31.05.2017 – 4 U 204/16 | jurisPR-WettbR 2/2018 Anm. 3