Benötigt man bei Tierfotos auch ein „Model-Release“?

Benötigt man bei Tierfotos auch ein „Model-Release“?

Benötigt man bei Tierfotos auch ein „Model-Release“?

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Tierfotos: Was man bei der Tierfotografie aus urheberrechtlicher Sicht beachten muss,

ist das Thema des Beitrags von Rechtsanwalt David Seiler.

Inzwischen dürfte sich herumgesprochen habe, dass man zur Verwertung von Personenfotos grundsätzlich deren Zustimmung benötigt, § 22 Kunsturhebergesetz (KUG), sofern nicht eine der Ausnahmen des § 23 KUG vorliegt (z. B. Promifotos bei offiziellen Anlässen zur Presseberichterstattung). Diese Zustimmung wird als Model-Release bezeichnet. Als Property-Release wird die Zustimmung eines (Grundstücks-)Eigentümers in die Nutzung der Fotos seines Eigentums bezeichnet. Sofern Gebäude nicht von öffentlicher Straße aus fotografiert werden, § 59 Urheberrechtsgesetz (UrhG  – Panoramafreiheit), also etwa bei Innenaufnahmen, benötigt man grundsätzlich die Zustimmung des Hausrechtsinhabers, um das Grundstück bzw. das Gebäude betreten zu dürfen und die Zustimmung des Urhebers (Architekten), um die Fotografie verwerten zu dürfen (BGH 20.09.1974 I ZR 99/73 Schloß Tegel – vgl. Seiler, Gebäudefotografie in der EU – Neues vom Hundertwasserhaus, PP 1/2, 2006, S. 16).

Einwilligungserfordernis bei Tierfotos?

Aber wie sieht es bei Aufnahmen von Tieren aus? Benötigt man hier die Zustimmung des Züchters oder des Halters bei Haustieren, des Jagdpächters bei Wildtieren, des Zoobetreibers bei Zootieren, des Bauers bei Nutztieren, des Imkers, wenn man eine Biene auf einer Sonnenblume fotografieren will? – siehe Urteil zu Kuh-Fotos

Sofern es sich um reale Tiere handelt, also nicht um das Camel-Kamel oder die Milka-Kuh, kommt kein sonderrechtliche Schutz aus dem Urheber- oder Markenrecht in Betracht.

Eigentumsrecht an Tieren

Gibt das Eigentumsrecht des Halters ihm einen Anspruch, eine Zustimmung zum Fotografieren und Vermarkten der Fotos seines Tiers zu fordern? Das Beispiel der Bienen zeigt, zu welch praktischen Problemen das Bejahen der Frage führen würde, die für alle nicht herrenlosen Tiere gleich beantwortet werden müsste. Schließlich sind auch alle Tiere vor dem Gesetz gleich. Die Grundfrage ist, ob überhaupt Eigentumsrechte an Tieren bestehen können und wem das Eigentum zusteht. Wildtiere sind herrenlos, haben also keinen Eigentümer, § 960 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Das gilt auch für Wild im Sinne des Jagdgesetzes. Hier steht dem Jäger nur ein Recht zur Aneignung von geschossenem oder verendetem Wild zu, § 1 Abs. 5 Bundesjagdgesetz. Bis dahin sind die Tiere herrenlos und dürfen ohne Einwilligung fotografiert werden.

Bei Tieren handelt es sich dem Gesetz nach zwar nicht mehr wie früher um Sachen, aber auf sie sind nach wie vor die für Sachen geltenden Vorschriften anwendbar, § 90a S. 2 BGB. Der Eigentümer einer Sache kann grundsätzlich nach Belieben mit der Sache verfahren, wobei diese Befugnis durch das Tierschutzgesetz eingeschränkt ist, § 903 BGB. Insbesondere kann der Eigentümer einer Sache Dritte von „jeder Einwirkung ausschließen“. Hier stellt sich also die Frage, ob das Fotografieren und Vermarkten der Tierfotos eine Einwirkung auf das Eigentum am Tier darstellt, die der Eigentümer aufgrund seines Ausschließlichkeitsrechts verhindern kann.

Der Bundesgerichtshof hat in der so genannten Friesenhaus-Entscheidung festgestellt, dass auch das ungenehmigte Fotografieren von Privateigentum keine rechtswidrige Einwirkung auf das fremde Eigentum darstellt, also auch eine werbliche Verwertung der Fotos fremden Eigentums ohne Zustimmung des Eigentümers – hier des fotografierten Hauses – zulässig ist (BGH, Urteil vom 09.03.1989, I ZR 54/87 – update: Siehe auch BGH: Mauerbilder). Diese Rechtsprechung ist entsprechend auch auf Tiere, die in fremdem Eigentum stehen, dem Grundsatz nach anwendbar.

Voraussetzung ist allerdings, dass die Fotos zulässig erlangt wurden, also etwa ohne Verletzung des Hausrechts. Der Eigentümer oder Besitzer eines Gebäudes oder Grundstücks kann das aus dem Eigentumsrecht abgeleitete Hausrecht dazu nutzen, das Betreten des Grundstücks zu untersagen oder von bestimmten Bedingungen abhängig zu machen (vgl. Robbie Williams, Konzertfoto-Verträge und Boykott-Aufrufe, PP 33/34-2006, S. 10; sowie BGH zu Schlösser und Parkfotografie). So kann in einer Zoo-Ordnung festgelegt werden, dass die Zootiere nur zu privaten Zwecken fotografiert werden dürfen und jegliche gewerbliche Verwertung der Zustimmung des Zoobetreibers bedarf. Gleiches gilt für Fotos auf Hundeplätzen oder bei Reitturnieren oder beliebig vergleichbaren Fällen. Hier mag es ebenso wie bei Konzertveranstaltungen Ausnahmen für presserechtliche Berichterstattungsansprüche geben.

Wird eine Katze auf einer Fußmatte vor einer Haustür von der Straße aus fotografiert, ein Pferd auf der Koppel vom Feldweg aus, ein Hund auf der Straße etc. bedarf es keiner Zustimmung des Eigentümers des Tiere oder des Grundstücks, auf dem sich das Tier befindet. Bei herrenlosen Wildtieren bedarf es naturgemäß schon mangels Eigentümer keiner Zustimmung eines Tierhalters.

Dennoch darf aber kein fremdes Grundstück ohne Zustimmung des Grundstückseigentümers betreten werden, um den seltenen Vogel, der dort gelandet ist, zu fotografieren. Sofern das fremde Grundstück „befriedet“ ist, also eingezäunt oder eingemauert ist, stellt das widerrechtliche Eindringen sogar einen strafbaren Hausfriedensbruch dar, § 123 Strafgesetzbuch (StGB). Dies gilt auch dann, wenn man aus ehrenwerten Motiven die Zustände der Legehennenhaltung in Käfigbetrieben öffentlich machen will.  (Update:) Allerdings sprach das OLG Naumburg (Saale) mit Urteil vom 22.02.2018, Az. 2 Rv 157/17, genau wie die beiden Vorinstanzen drei Angeklagte, die in einer Schweinemastanlage massive Tierschutzverstöße gefilmt hatten, wegen rechtfertigendem Notstand, § 34 StGB, vom Vorwurf des Hausfriedensbruchs – genau wie die beiden Vorinstanzen – frei (siehe Pressemitteilung siehe auch Pressebericht). Dies gelte aber nicht generell, sondern nur, weil in diesem Fall das Veterinäramt die Missstände vertuscht hatte und der Skandal nicht anders aufzudecken war.

Persönlichkeitsrecht des Halters bei Tierfotos

Sind auf dem Foto neben dem Tier der stolze Züchter der Rassekatze, der Halter des Hundes, der Reiter oder andere Personen mit abgebildet, gelten wieder die allgemeine Grundsätze des Rechts am eigenen Bild (update: und künftig des Datenschutzrechts der DSGVO) und es muss im Regelfall eine Einverständniserklärung der abgebildeten Person eingeholt werden, die dann sicherheitshalber auch die Verwertung der Tierfotografie mit umfasst. Denn wird eine Beziehung von der Person zum Tier hergestellt, handelt es sich um ein personenbezogenes Datum, § 3 Abs. 1 BDSG, das den Schutzrechten des Bundesdatenschutzgesetzes als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, Art. 1, Art 2 Grundgesetz, unterliegt.

Wird bei der Bildverwendung ein Bezug zwischen Tier und Halter z. B. durch die Bildunterschrift oder den Begleittext hergestellt, oder ist das Tier so außergewöhnlich und als Tier eines bestimmten Promis bekannt, können z. B. bei der werblichen Verwendung dieser Tierbilder die Persönlichkeitsrechte des Promis verletzt werden, sodass in diesen wohl eher seltenen Fällen doch eine Einwilligung des Tierhalters in die beabsichtigte Fotonutzung eingeholte werden sollte. Wenn Legehennenbatterien mit der Bildunterschrift „Hühner-KZ“ und „Massenmörder“ und Namensnennung eines bestimmten Betriebes gezeigt werden, kann zusätzlich eine Beleidigung und ein Angriff auf das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb vorliegen, bei dem eine Abwägung mit dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung, Art. 5 GG, aber auch der Menschenwürde, Art. 1 GG, der KZ-Insassen vorzunehmen ist. (Update:) Das LG Berlin 2004 (Az. 27 O 207/04), das Bundesverfassungsgericht (1 BvR 2266/04; 1 BvR 2620/05) und schließlich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR, 08.11.2012 – Az. 43481/09) kamen zum Ergebnis, dass der Vergleich der Massentierhaltung mit dem Holocaust die Menschenwürde der (überlebenden) KZ-Insassen verletze, sie nach der sogenannten Objektsformel mit Tieren vergleiche und verbot deshalb die Peta-Kampagne.

Fazit – Rechtliche Grenzen bei Tierfotos

Nur in wenigen Fällen ist bei (reinen) Tierfotografien eine Einwilligungserklärung des Eigentümers erforderlich. Hauptsächlich, wenn Menschen mit abgebildet sind oder zum Fotografieren des Tieres fremde Grundstücke oder Gebäude betreten werden müssen, bedarf es aus diesem Gründen, nicht aber wegen des eigentlichen Tierfotos, einer Einwilligung in das Fotografieren und in die Verwendung der Fotos.

David Seiler, Rechtsanwalt – 13.08.2008 Mainz / Update: 24.02.2018 Cottbus

betreut inhaltlich die Webseiten
ursprünglich online unter http://www.fotorecht.de
und ist Mitautor des Beck-Rechtsberater im dtv „Internet-Recht im Unternehmen“

veröffentlicht in Photopresse 18/2008, S. 16 und S. 17

Maßgebliche Gesetzestexte

BGB-Auszüge

§ 90 Begriff der Sache
Sachen im Sinne des Gesetzes sind nur körperliche Gegenstände.

https://www.fotorecht-seiler.eu/wp-admin/post-new.php#§ 90a Tiere
Tiere sind keine Sachen. Sie werden durch besondere Gesetze geschützt. Auf sie sind die für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist.

§ 903 Befugnisse des Eigentümers
Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen. Der Eigentümer eines Tieres hat bei der Ausübung seiner Befugnisse die besonderen Vorschriften zum Schutz der Tiere zu beachten.

§ 960 Wilde Tiere

(1) Wilde Tiere sind herrenlos, solange sie sich in der Freiheit befinden. Wilde Tiere in Tiergärten und Fische in Teichen oder anderen geschlossenen Privatgewässern sind nicht herrenlos.

(2) Erlangt ein gefangenes wildes Tier die Freiheit wieder, so wird es herrenlos, wenn nicht der Eigentümer das Tier unverzüglich verfolgt oder wenn er die Verfolgung aufgibt.

(3) Ein gezähmtes Tier wird herrenlos, wenn es die Gewohnheit ablegt, an den ihm bestimmten Ort zurückzukehren.

§ 961 Eigentumsverlust bei Bienenschwärmen

Zieht ein Bienenschwarm aus, so wird er herrenlos, wenn nicht der Eigentümer ihn unverzüglich verfolgt oder wenn der Eigentümer die Verfolgung aufgibt.

Siehe auch:

Cadillac-Fotografie lizenzpflichtig?, PP 1-2007, S. 22 zu Urheber-, Geschmacksmuster-, Hausrecht, Datenschutz, Recht am Bild eigener Sachen